
Marsberg ist eine Kleinstadt am Rande des Sauerlands, und bisher eher für bürgerliche Beschaulichkeit bekannt. Doch von hier stammen auch Motive wie der Death-Tree (Todesbaum) und mancher Marsberger wird sich vielleicht auch schon über junge Leute in Shirts mit einer recht düster dreinblickenden Eule gewundert haben.
Die Motive stammen vom 20jährigen Andrusch Blühdorn, der derzeit sein Fachabi in Gestaltung in Bestiwg macht, doch der Westheimer hat einen Nebenjob: er entwirft Motive für Kleidung & Taschen. Zum einen für seinen eigenen Shop ablüh clothing, zum anderen für die Marke Black-Brand, wo er einen Design-Wettbewerb gewann.
Als er bemerkte, dass viel positive Resonanz kam, dachte er sich: „Warum nicht meinen eigenen Style verbreiten?“, wie er im Interview verriet.
Seine Motive sind einfach „plötzlich da“, wie er sagt. Sie sind Teile von Träumen, oder ihn inspiriert die Autokorrektur vom Handy. Andrusch zeichnet sie dann sehr aufwändig mit Bleistift & Papier. Der Scanner bringt sie in den Computer, wo sie nachbearbeitet und für den Druck vorbereitet werden. Dann macht sie sich auf den Weg nach Wuppertal zu Black-Brand, wo sie per Siebdruckverfahren von Hand auf die Shirts oder Taschen kommt.
Jedes Shirt ist nachweisbar zu fairen Arbeitsbedingungen und unter existenzsichernder Entlohnung hergestellt!
Andrusch Blühdorn
Dabei kommt Andrusch nicht irgendein Stoff unter. „Ich achte darauf, dass die Shirts aus natürlich nachwachsenden Rohstoffen und zu fairen Arbeitsbedingungen hergestellt sowie von Hand bedruckt werden“, sagt er. Demnächst möchte er auch Kleidung aus Bambus einführen. „Es ist meiner Meinung nach an der Zeit, nicht nur darauf zu achten, was man isst, sondern auch was man trägt und woher es kommt.“
Andrusch im Ww-Interview:
Du bist ja noch sehr jung. Wie ist die Idee entstanden, Kleidung zu entwerfen?
Natürlich kam mir die Idee „Klamotten zu machen“ (Druckvorlagen/ Motive) nicht von jetzt auf gleich. Alles begann auf dem Summerjam-Festival 2011. Dort war Daay von Black-Brand mein Zeltnachbar. Wir freundeten uns an, zogen los, um Flyer für sein Label zu verteilen und kamen ins Gespräch. Ich erzählte ihm, dass ich zeichne und wir blieben in Kontakt.
Ende des Jahres 2011 gab es bei Black-Brand einen Design-Contest, an dem ich mit meinem Peace-Tree-Motiv teilnahm. Aufgrund der meisten FB-Likes gewann mein Motiv und wurde gedruckt. Im Jahr 2012 machte ich ein dreiwöchiges Schulpraktikum und eine Festival-Verkaufstour bei Black-Brand. In diesem Praktikum lernte ich den Prozess von der Idee bis zum fertigen Siebdruck-Shirt kennen. Natürlich durfte ich auch meine eigenen Motive in geringer Stückzahl produzieren. Meine Freunde fanden die Sachen cool, und ich druckte weitere. Auf den Festivals half ich am Stand, kam mit verschiedenen Leuten ins Gespräch und sah, wie begeistert viele von meinem Motiv waren.
Daraufhin beschloss ich: Warum nicht meinen eigenen Style verbreiten? Es gab schon ein paar Motive; ich wusste, dass ich Unterstützung von Black-Brand bekommen würde, und dass ich richtig Bock hab :D Ablüh clothing war geboren und ist seit November 2012 ein Kleingewerbe.
Wie kam es zur Gründung von Ablüh?
Im Winter 2012 hatte ich dann etwas Geld für den Verkauf von Etiketten und Mützen angespart. Da der Schnitt der Mützen in diesem Winter ziemlich in war und Eulen zur Zeit auch gut laufen, verkaufte ich mehr als gedacht. Zur Zeit biete ich 2 Motive auf mehreren Produkten an. Natürlich könnten es schon einige mehr sein, aber das nötige Geld fällt leider nicht vom Himmel :D. Ein weiteres ist bereits in der Planung und kommt in Kürze in den Store.
Marsberg ist ja auch nicht gerade der Nabel der Welt. Wieso dort?
Warum Marsberg? :D Nun ja. Ich wohne in Westheim und bin wie gesagt noch Schüler. Diese Tatsache bindet mich ja in gewisser Weise an Zuhause :D Jedoch ist der Gedanke, nach Berlin oder Hamburg zu gehen, um dort zu studieren, nicht fern. Schauen wir mal, wie es weiter geht!
Wie kann ich mir den Weg von der Idee im Kopf zum Kleidungsstück vorstellen?
Oft werde ich gefragt, wie man überhaupt auf solche Ideen kommt. Meistens sind sie plötzlich da. Sie waren ein Teil eines Traums, eine Inspiration von der Autokorrektur am Handy, wenn man SMS schreibt (z.B. Ravioli wird zu Raviyolo), ein Wortspiel, wenn man zusammen chillt oder einfach eine Umsetzung eines Gefühls oder Ereignisses.
Natürlich bekommt man auch Anregungen von Freunden, wenn man Tattoos sieht oder einfach unterwegs ist.
Wenn die Idee da ist, gibt es viele Möglichkeiten, diese umzusetzen und festzuhalten. Oft mache ich mir einfach eine Notiz ins Handy und lasse die Idee etwas reifen, oder ich entwerfe eine kleine Skizze und hänge sie über meinen Schreibtisch. Umgesetzt wird die Idee klassisch mit einem Bleistift auf Papier. Dann wird die Zeichnung gescannt, digitalisiert (Vektorgrafik oder Rastergrafik) und nachbearbeitet. Manche Designs mache ich direkt am Mac und zeichne sie mit meinem Grafiktablett in Photoshop oder Illustrator.
Wenn die Druckvorlage fertig ist, wird sie nach Wuppertal zur Blackbrand-clothing- company weitergeleitet. Dort wird das Motiv mit einem Siebdruckverfahren von Hand auf die Textilien wie Shirts oder Beutel gedruckt. Die Shirts werden von Continental Clothing bezogen und sind Fairtrade. In Zukunft werden noch mehr Fairtrade-Produkte angeboten. (Beutel, Taschen usw. )
Wie lange dauert das?
Den zeitlichen Aufwand oder die Zeitspanne von der Idee bist zum fertigen Produkt kann ich nicht wirklich definieren. Für die Eule habe ich z.B. mehrere Tage gebraucht, um sie zu zeichnen, andere nehmen nur ein paar Stunden in Anspruch. Da die Shirts nicht maschinell bedruckt werden, liegen die Lieferzeiten von Black-Brand zwischen 3-14 Tagen.
Was verkörpert ablüh?
ablüh clothing verkörpert Leidenschaft zur Musik, zur Natur, zum Sport und zu aufwendigen Designs. Wir bieten unseren Kunden etwas Besonderes, denn ablüh clothing hebt sich von der breiten Masse ab! Die Motive sind aufwändig gezeichnet und beinhalten tiefgründige Botschaften.
Wir legen großen Wert auf Herkunft und Verarbeitung der Produkte. Jedes Shirt ist nachweisbar zu fairen Arbeitsbedingungen und unter existenzsichernder Entlohnung hergestellt. Kein Produkt gleicht zu 100% dem anderen. ablüh clothing platziert sein Motiv nicht maschinell, ablüh clothing verleiht seinen Produkten über Handarbeit ein individuelles Design. Das hebt unsere Produkte heraus und macht sie einzigartig und cool!
Hat die Eule eine besondere Bedeutung?
Die Eule ist das Logo von ablüh clothing. Das Logo ist nicht wie die meisten möglichst einfach gehalten, sondern aufwändig gestaltet. Genauso wie die Shirt-Motive und der Herstellungsprozess aufgrund ihrer Handarbeit aufwändig sind. Die Eule ist ein Sinnbild für Gut und Böse. Zum einen ist sie ein Symbol der Weisheit und war früher für manche Menschen eine Beschützerin.
Ich achte darauf, dass die Shirts aus natürlich nachwachsenden Rohstoffen und zu fairen Arbeitsbedingungen hergestellt sowie von Hand bedruckt werden. Damit möchte ich ein Zeichen gegen Kinderarbeit und Ausbeutung setzen. Es ist meiner Meinung nach an der Zeit, nicht nur darauf zu achten, was man isst, sondern auch was man trägt und woher es kommt.
Außerdem steht die Eule für das Böse. Eulen galten früher oft auch als Dämonen, da man sie selten zu Gesicht bekam und ihre Schreie in der Nacht hörte. Meine Motive sind etwas düster und bringen z.B. Ängste zum Ausdruck. Die Eule bringt diese 3 Faktoren in meinem Logo zum Ausdruck.
- Aufwändige Designs, Verarbeitung, Einzigartigkeit
- Korrekt produzierte Shirts
- Düstere Motive
In welche stilistische Richtung möchtest du mit deinen Entwürfen?
Mein Stil ist zum einen, dass alle meine Motive gezeichnet sind. Dann geht die Art der Motive etwas auseinander.
Für wen sind die Stücke?
Die Motive für ablüh clothing sind überwiegend für Extremsportler wie Skater & Biker sowie für Musiker und Musikliebhaber aus der Metal-, Punk- und Hardcore-Szene. Die Motive für Black-Brand gehen in die Skate- und Reggae-Szene.
Wen kannst du dir eher weniger in deiner Kleidung vorstellen?
Prinzipiell kann ich mir jeden in meinen Shirts vorstellen und jeder, der Gefallen daran findet, darf sie gerne tragen. Natürlich muss ich dazu sagen, wenn ihr schon so fragt, dass ich mich klar von Faschisten oder anderen extremen Randgruppen distanzieren möchte.
Wo möchtest du mit deiner Firma noch hin? Was möchtest du erreichen?
Erst einmal will ich mein Sortiment etwas aufstocken. Im Winter werde ich auf den ein oder anderen Designmarkt fahren, wie z.B. den Designgipfel vom 14.9. -15.9.13 in Dortmund. Im kommenden Jahr würde ich dann gerne auf ein oder zwei Festivals fahren, um dort einen Stand zu machen. Wie sich alles entwickelt, werde ich dann sehen. Auf jeden Fall will ich am Ball bleiben und weitermachen.
Stichwort Fairtrade. Was ist dir bei Kleidung mit deinem Namen darauf wichtig (auch außer Fairtrade)?
- Fairtrade
- Qualität
- Zuverlässigkeit
Welches deiner Teile trägst du selbst am liebsten?
Am liebsten trage ich meinen Deathtree-Hoodie und ein grünes Bambus-Shirt von Black-Brand mit meinem Peace-Tree. (Bambus-Shirts sind eine ganz coole Sache und kommen auch bald in den Store :D )
Möchtest du irgendwann davon leben können, Kleidung zu entwerfen?
Natürlich würde ich gerne von dem, was ich mache später einmal leben können. Jedoch könnte ich mir auch vorstellen, eine Werbeagentur zu gründen und ablüh clothing quasi als Kunden zu betreuen und noch Projekte von anderen zu begleiten.
Was sagen deine Freunde, Familie und Bekannten zu deiner Firma?
Meine Freunde und Familie sind die Besten. Viele sind interessiert und begeistert von dem, was ich mache. An dieser Stelle würde ich auch gerne meinen Dank an diese aussprechen. Durch eure Unterstützung, egal ob verbal oder finanziell durch einen Kauf, bin ich am Ball geblieben. Ihr habt mir die Energie gegeben und die nötigen Mittel, um das, was ich bisher erreicht habe, zu erreichen.
Ganz besonderer Dank geht an Daay von Black-Brand, der die Shirts bedruckt und immer für einen Ratschlag zur Stelle ist, an Astrid Nolte, die die Etiketten an die Mützen näht, an Thorsten Kalkuhl von Toskamedia, der meinen Onlineshop zu dem gemacht hat, was er jetzt ist, an Mario Düsterhöft für die sagenhaften Fotos und Harald Kehr als Steuerberater.
Welche anderen Hobbys verfolgst du?
Zu meinen Hobbys gehören auf jeden Fall das Reisen von Festival zu Festival im Sommer und von Konzert zu Konzert im Winter. Auf den Festivals arbeite ich oft am Black-Brand-Stand und auf den Konzerten im JBZ Marsberg an der Kasse oder am Tresen. Natürlich bin ich auch gerne Gast und raste vorne kräftig aus :D
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