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Interview mit The Pleasure Principle spielt goYA - Der Journalist Reinhard Franke (3.v.l.) traf sich mit Andre Gladbach (Bass), Markus Junker (Schlagzeug) und Sänger und Gitarrist Alex Flucht in Köln zum Interview. | (c) Reinhard Franke
Interview mit The Pleasure Principle spielt goYA – Reinhard Franke (3.v.l.) traf sich mit Andre Gladbach (Bass), Markus Junker (Schlagzeug) und Sänger und Gitarrist Alex Flucht in Köln zum Interview. | (c) Reinhard Franke

Aus Köln kamen schon viele interessante Bands mit internationalem Niveau. Eine davon war Anfang der 1990er-Jahre The Pleasure Principle, die mit „Trip To My Soul“ einen formidablen
Radio-Hit landeten. Der Journalist Reinhard Franke hat mit dem Trio gesprochen.

1993 war das Vergnügen jedoch schon wieder vorbei. Es gab Zoff mit der Plattenfirma und sogar ein Protestkonzert auf dem Firmengelände. Die Musiker gründeten anschließend Goya und fortan wurde auf Deutsch gesungen. 2010 gab es ein erstes Comeback mit dem Doppelalbum „Time Will Flow“, als Pleasure Principle. Jetzt haben sich Sänger und Gitarrist Alex Flucht, Bassist André Gladbach und Schlagzeuger Markus Junker wieder zusammengetan und werden am 19. April im Blue Shell in Köln ein Konzert unter dem Motto „Pleasure spielt Goya“ spielen.

The Pleasure Principle spielt goYA im Interview: „Jetzt sind wir mindestens glücklich“

Reinhard Franke: Wie kam es zur Idee mit der Wiedervereinigung?

Alex Flucht: „30 Jahre Goya-Release“ stand im Raum und André meinte „Wollen wir nicht etwas machen?“ Dann hat das ein bisschen gedauert und schließlich haben wir uns im März 2023 zu einer Probe getroffen, um zu gucken, was da passiert. Und was soll ich sagen, das war derartig explosiv und intensiv, dass wir wieder Lust dran hatten.

30 Jahre Goya klingt erstmal nach einer erfolgreichen Zeit damals. Mit Verlaub, die war es nicht.

André Gladbach: Doch, die war mega erfolgreich in der Vernichtung von Geld. (alle lachen)

Woran hat es gelegen?

Flucht: Meiner Meinung nach waren wir nicht so weit. Oder die Welt war noch nicht bereit für Goya. Wir kamen mit The Pleasure Principle aus der englischsprachigen Nummer und hatten viele Vorbilder wie Talk Talk, U2 und The Police.

Wenn du jung bist, kriegst du viel mit. Als wir uns nach dem Ende von The Pleasure Principle dazu entschlossen haben Deutsch zu singen, fehlten dann die sprachlichen Vorbilder.

Als The Pleasure Principle wolltet Ihr nicht weitermachen?

Flucht: Wir durften zu der Zeit als The Pleasure Principle gar nichts veröffentlichen, da es einen Rechtsstreit zwischen Management und EMI gab, obwohl unser zweites Album fertig war.

Gladbach: Dann hatten wir eine neue Plattenfirma, der Chef fand das Thema super. Es war eine schwierige Nummer nach dem Stress mit Pleasure. Die Sprache und den Bandnamen zu wechseln, lag nahe. Wir mussten sowieso ja alles neu machen.

Flucht: Wir waren gedanklich schon dabei, etwas Neues auszuprobieren. Ich wollte immer etwas auf Deutsch machen, obwohl ich gerne Englisch singe.

Gladbach: Heute singt Alex viel besser als zu der damaligen Goya-Zeit. Damals gab es viel stimmliches Gepose aus der Pleasure-Zeit, das ist jetzt weg. Heute singt er einfach die Songs.

Flucht: (schmunzelt) Das lag auch an der Vorbild-Geschichte, aber die Musik ist geblieben. Die ist weiterhin eher britisch. Das einzig gut anzuhörende deutsche Album kam damals von Peter Gabriel.

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Trip To My Soul · Pleasure Principle | Youtube Video
Warum heißt das Motto ‚Pleasure spielt Goya‘ und nicht umgekehrt?

Markus Junker: Pleasure ist der Geist, mit dem wir damals mal angefangen haben. Das ist schon verrückt. Viele Leute kannten uns ja nur als The Pleasure Principle, da passt ‚Pleasure spielt Goya‘ ganz gut. Man hatte damals das Gefühl, dass Goya eher ein Ballast war.

Flucht: Es war vielleicht ein bisschen unausgegoren. Heute ist das ein ganz anderer Schnack, wie wir die Songs spielen. Es passt jetzt gut zusammen.

Es erschien 1991 nur ein Pleasure-Album. Doch der ganze Zoff mit der Plattenfirma erstickte alles Weitere im Keim?

Flucht: So war es. Wir haben vertraglich zwei Alben zugesichert bekommen. Doch es wechselte das komplette Management der Plattenfirma. Es gab keinen Kontakt mehr.

Jetzt erst recht!

Alex Flucht
Es gab ein Protest-Konzert auf dem Gelände der EMI. Das sorgte für mediale Aufmerksamkeit.

Flucht: Da war einiges los. Wir waren sauer. Dann kam uns die Idee; Wir überfallen unsere Plattenfirma. Wir haben einfach unsere neuen Songs freundlich in einem Hofkonzert von einem am Pförtner vorbei geschmuggelten LKW runter vorgestellt. Zwei Tage später lasen wir in der Boulevardpresse, dass wir gefeuert sind. Das hat uns befeuert – jetzt erst recht!

Vor rund zwölf Jahren gab es schonmal ein neues Lebenszeichen von The Pleasure Principle – mit einem Doppelalbum „Time Will Flow“. Warum wurde da nicht schon der Startknopf gedrückt?

Flucht: Ein damaliger EMI-Mitarbeiter und Fan von uns meldete sich via Facebook und fragte, ob es möglich wäre, das alte Album nochmal digital zu veröffentlichen. Wir waren begeistert, wollten dann aber auch neue Songs aufnehmen, bekamen ein Mini-Budget und es hieß „Macht was damit!“

Innerhalb von drei Tagen haben wir im Studio alles rein geprügelt und ein großartiges Album produziert. Was für ein schöner Abschluss. The Pleasure Principle war bis dahin unvollendet, aber mit dieser Platte hatte sich der Kreis geschlossen.

Junker: Es war schön, dass wir mit diesem Doppelalbum nochmal einige Konzerte spielen konnten. Aber keiner hat damals erwartet, dass das nochmal durch die Decke geht. Es hat aber total Spaß gemacht.

Gladbach: Wir haben ohne irgendwelche Promo das Kölner Luxor voll bekommen. Und es wurde ein richtig geiler Gig.

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The Pleasure Principle „Wishing I could go“ | Live in Köln | 06.11.1990 Live Music Hall | „Trip to my soul Tour“ | Vierte Zugabe: „Wishing I could go“
‚Trip To My Soul‘ rotierte damals zwölf Wochen in den Top 10 bei SWF3. Das war zu der Zeit der Avantgarde-Sender für Popmusik.

Flucht: Das war unser Hit. Als die Nummer rauskam, sind wir sofort mit The Cross auf Tour gegangen. Das war die Band des Queen-Trommlers Roger Taylor.

Junker: In Köln gab es früher viele Bands, die nicht durchgestartet sind. Wir hatten damals aber Glück, konnten Konzerte spielen und haben einen Vertrag. Das würde heutzutage nicht mehr so schnell passieren. Wir haben nach wenigen Konzerten schon vor 80.000 Leuten in Bonn bei der Rheinkultur mit großem Erfolg gespielt.

Wir gingen auf die Bühne und Bäm!

Markus Junker
Was war das Besondere an The Pleasure Principle?

Junker: Wir gingen auf die Bühne und Bäm! Und das lag daran, dass die Band einen besonderen Spirit hatte. Wir waren jung und hübsch. Wenn ich heute Fotos von uns sehe, dann denke ich „Man, haben wir geil ausgesehen.“ (lacht)

Flucht: The Pleasure Principle war etwas Besonderes. Es war immer maximale Energie und hat uns immer viel Energie gekostet. Ich habe bis heute nie wieder Konzerte gespielt, die so anstrengend und so schön zugleich waren.

Wie ist es jetzt bei den Proben?

Junker: Ähnlich. Zwischen uns gibt es immer noch diesebesondere Energie, eine ganz spezielle Chemie, die ihresgleichen sucht.

Gladbach: Es ist wie in einer guten Freundschaft, die auch nach großen Pausen ihre Energie nicht verliert. Es ist wirklich eine besondere Liebe. Dass nun Christoph Schneppenheim, unser langjähriger Keyboarder und Uli Opfergeld als Sologitarrist nicht mehr dabei sind, liegt an räumlichen und zeitlichen Gründen.

The Pleasure Principle spielt goYA - (c) Axel Schulten
The Pleasure Principle spielt goYA im Interview | (c) Axel Schulten
Gab es früher nicht aber Zoff zwischen Euch beiden?

Junker: Ich würde es Schweigen nennen. Für mich war ein entscheidender Moment, als ich mir vor zwei Jahren das Video von unserer Plattenpräsentation in der Black Box im Cinedom in Köln 1993 angesehen habe. Ich dachte nur ‚What?!‘ Je öfter ich es mir anschaute, dachte ich ‚Was für eine Band!‘

Was ist der Plan für die Zukunft?

Flucht: Wir gehen ins Dierks Studio in Stommeln. Das, was wir jetzt machen, finde ich relevanter denn je. Es herrscht als Trio eine Atmosphäre, die uns gut tut. Darauf bin ich stolz. Ich bin froh, dass André das Ding angeschoben hat, obwohl ich mich anfangs dagegen gesträubt habe.

Warum? Woran lag es?

Flucht: Ursprünglich wollten wir Popstars werden. Aber da hing so ein Schatten über unserer Bandgeschichte. Ich war mir nicht sicher, ob das auserzählt ist. Jetzt sind wir mindestens glücklich.

Junker: Viele haben beim letzten Konzert von The Pleasure Principle gesagt: ‚Okay, jetzt haben wir erkannt, was ihr wirklich seid.‘ Die Kraft dieser Band war vielen Leuten erst später klar. Die letzte Trennung vor zehn Jahren wollte ich verhindern. Aber ich habe das nicht hingekriegt. Und jetzt haben wir wieder Lust.

Was wünschen Sie sich für Goya?

Flucht: Ganz ehrlich? Dass es irgendwo jemanden gibt, der darin etwas mehr sieht. Wenn es um Emotionen geht, sehe ich uns sehr weit vorne. Und ich würde gerne im nächsten Jahr einige Festivals spielen.

Gladbach: Da wäre ich dabei.

Junker: Ich auch. Aber ein Zigeunerleben mit nur noch Konzerten will ich nicht mehr.

Flucht: Mein Traum mit Mitte 20 war, dass ich mit 40 mit Sting auf unserem Boot sitze und wir überlegen, was wir als Nächstes machen. Heute bin ich froh, dass es nicht so ist. Das Weingut von Sting hätte ich aber schon gerne. (lacht laut)

The Pleasure Principle live

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Von Wildwechsel

Online-Redaktion des Printmagazin Wildwechsel. Wildwechsel erscheint seit 1986 (Ausgabe Kassel/Marburg seit 1994). Auf Wildwechsel.de veröffentlichen wir ausgewählte Artikel der Printausgaben sowie Artikel die speziell für den Online-Auftritt geschrieben wurden.

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