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Eine aktuelle Thematik vor einem minimalistischen Bühnenbild: Das Schauspiel „Hexenjagd“ ist thematisch wieder das Stück der Stunde.| (c) Dietrich Dettmann
Eine aktuelle Thematik vor einem minimalistischen Bühnenbild: Das Schauspiel „Hexenjagd“ ist thematisch wieder das Stück der Stunde.| (c) Dietrich Dettmann

Die Nacht war still, doch der Tanz im Wald war nicht zu übersehen. In Arthur Millers „Hexenjagd“ zerreißt ein Funke der Verdächtigung den banalen Alltag eines puritanischen Dorfes, und was folgt, ist ein beklemmendes Schauspiel darüber, wie schnell Misstrauen in Verfolgung umschlägt. Über Jahrhunderte hinweg hat dieses Drama an Relevanz nicht verloren.

Am 10. Februar wird Millers Meisterwerk im Pädagogischen Zentrum (PZ) Warburg auf die Bühne gebracht. Mit den Schauspielgrößen Wolfgang Seidenberg und Carsten Klemm in zentralen Rollen bahnt sich eine Inszenierung an, die sowohl inhaltlich als auch atmosphärisch unter die Haut gehen dürfte.

Hexenverfolgung in Salem – ein historisches Drama mit aktuellem Bezug

Im puritanischen Salem des 17. Jahrhunderts entfaltet sich das Drama. Alles beginnt harmlos, mit einem Tanz von Mädchen im Wald. Doch als sich einige von ihnen merkwürdig verhalten, entstehen erste Gerüchte. Die Dorfgemeinschaft, geprägt von tiefem religiösen Eifer, deutet dies als Zeichen dämonischer Einflüsse. Noch bevor die ersten Fragen gestellt werden können, steht schon eine Anklage im Raum: Hexerei. Ein „Spezialist“ wird herbeigerufen, und eine Kette aus Verdächtigungen nimmt ihren Lauf.

Die Mädchen, die ursprünglich als Täterinnen im Raum standen, richten den Blick von sich ab: Sie beschuldigen Dorfbewohner wahllos, vom Teufel verführt worden zu sein. Der Prozess wird zu einem Teufelskreis von Lügen, Intrigen und Angst. Zentrum der Geschichte bleibt Abigail Williams, die mit ihren manipulativen Beschuldigungen das Leben im Dorf ins Chaos stürzt und schließlich auch John Proctor und seine Frau ins Zentrum der fatalen Hexenjagd stellt.

Die realen Hexenprozesse von Salem

Arthur Millers Stück liegt eine grausame Realität zugrunde: die berüchtigten Hexenprozesse von Salem, die sich zwischen 1692 und 1693 in der Massachusetts Bay Colony ereigneten. Über 200 Menschen wurden damals der Hexerei beschuldigt, 30 von ihnen verurteilt, 19 schließlich hingerichtet. Diese Prozesse zeugen von einem Zusammenspiel aus religiöser Intoleranz, sozialem Druck und einem Gerichtssystem, das auf fragwürdigen „Beweisen“ aufbaute.

Miller übertrug die Dynamiken dieser Ereignisse auf die Bühne, um eine Geschichte zu schaffen, die den moralischen und gesellschaftlichen Kern solcher Hetzkampagnen beleuchtet – unabhängig von Zeit und Ort.

Parallelen zur McCarthy-Ära – Millers Kritik an der Kommunistenhatz

Das Stück entstand in den 1950er-Jahren, als in den USA eine andere Art der Hexenjagd tobte. Unter Senator Joseph McCarthy wurden zahlreiche Menschen – oft ohne Beweise – des Kommunismus verdächtigt. Arthur Miller selbst musste vor dem House Un-American Activities Committee (HUAC) aussagen, da er sich weigerte, vermeintliche Sympathisanten zu benennen.

Dieser persönliche Bezug verleiht „Hexenjagd“ eine tiefere Bedeutung: Es ist nicht nur ein historisches Portrait, sondern auch eine universelle Parabel über die zerstörerischen Kräfte von Angst und Misstrauen innerhalb einer Gesellschaft. Millers Kritik an politischen Hetzkampagnen scheint aktueller denn je.

Eine aktuelle Thematik vor einem minimalistischen Bühnenbild: Das Schauspiel „Hexenjagd“ ist thematisch wieder das Stück der Stunde.| (c) Dietrich Dettmann
Eine aktuelle Thematik vor einem minimalistischen Bühnenbild: Das Schauspiel „Hexenjagd“ ist thematisch wieder das Stück der Stunde.| (c) Dietrich Dettmann

Wolfgang Seidenberg und Carsten Klemm in den Hauptrollen

Die Warburger Aufführung wird getragen von einem herausragenden Ensemble. Wolfgang Seidenberg, bekannt durch seine Auftritte in Verbotene Liebe und Die Rosenheim-Cops, schlüpft in eine der Hauptrollen. Seine Bühnenerfahrung und Vielseitigkeit versprechen eine nuancierte Darstellung. An seiner Seite steht Carsten Klemm, der nicht minder erfahren ist und durch seine Präsenz der Inszenierung zusätzliche Tiefe verleihen dürfte. Gemeinsam geben sie Millers Figuren eine beunruhigende, lebendige Intensität.

„Hexenjagd“ als Lehrstück über Manipulation und Massenhysterie

Arthur Millers Stück geht weit über eine historische Erzählung hinaus. Es analysiert psychologisch und soziologisch, wie Gruppendruck und kollektive Angst individuelle Entscheidungen beeinflussen können, bis hin zur Verleugnung von Werten und Moral. Besonders die Charaktere tragen diese Botschaft:

  • Abigail Williams: Ein verletztes, ehrgeiziges Mädchen, dem die Kontrolle über die Situation Macht verleiht, die sie nicht wieder loslassen kann.
  • John Proctor: Ein Mann, der trotz Schuld und Fehler versucht, sich treu zu bleiben. Sein innerer Konflikt stellt eine der zentralen moralischen Fragen des Stücks dar.
  • Richter Danforth: Verkörpert in seiner starren Rechtsauffassung die Bereitschaft, für den Machterhalt selbst Gerechtigkeit aufzugeben.

Millers „Hexenjagd“ ist damit eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Kräften, die in jeder Epoche dieselben Mechanismen durchlaufen. Ein Mahnmal in dramatischer Form.

Aufführung im PZ Warburg – Karten im Vorverkauf erhältlich

Am 10. Februar wird „Hexenjagd“ im Pädagogischen Zentrum Warburg inszeniert. Das Ensemble verspricht eine packende Darbietung eines Stoffes, der nichts von seiner Intensität eingebüßt hat.

📍 Wann? 10. Februar 2025
📍 Wo? Pädagogisches Zentrum Warburg
📍 Tickets? Erhältlich bis zum 10. Februar in der Tourist-Information auf dem Neustädter Marktplatz (Tel. 05641 / 922 800) sowie an der Abendkasse.

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Von Wildwechsel

Online-Redaktion des Printmagazin Wildwechsel. Wildwechsel erscheint seit 1986 (Ausgabe Kassel/Marburg seit 1994). Auf Wildwechsel.de veröffentlichen wir ausgewählte Artikel der Printausgaben sowie Artikel die speziell für den Online-Auftritt geschrieben wurden.

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