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Wie keine zweite Figur steht Judas für Verrat. Seine Lebensgeschichte ist eine der Schuld ohne Vergebung. Nicht nur aufgrund dessen, dass diese Figur polarisiert wie kaum eine zweite, sondern auch durch die Besetzung mit Ben Becker, einem der wortgewandtesten deutschen Schauspieler, macht das Stück „Ich, Judas“ deutsche Theatergeschichte.
Ursprünglich nur für eine One-off-Veranstaltung gepant, erfährt Ben Beckers Soloproramm seit November 2015 überbordenden Zuspruch bei Publikum und Kritikern. Denn der Fall Judas muss neu aufgerollt werden.
Der Jünger Jesu, der den Sohn Gottes mit seinem Kuss verrät und ans Kreuz liefert, wird von Ben Becker verteidigt.
Denn die Geschichte ist längst überliefert, das Urteil lange gefällt und ein Name mitsamt der dazugehörigen Person für alle Zeiten gebrandmarkt. Becker stellt die Richtigkeit des Urteils in Frage, fragt „Was war denn zu verraten? Jesus‘ Aufenthaltsort?
Den kannten Tausende. Sein großes Geheimnis, dass er Gottes Sohn sei? Das hat er selbst gesagt, vor allen Leuten!“. Das ist aber nur der Anfang, denn die Geschichte des Judas ist eine, die mehr geglaubt als hinterfragt wurde.
Ben Becker gibt der Figur eine Stimme, die als Anti-Christ ausgewählt wurde, um Jesus zum Messias zu machen. „Judas ist nichts ohne Jesus. Aber Jesus ist auch nichts ohne Judas“, so Walter Jens, der in seinem Script „Ich, Judas“ die moralischen Ankerpunkte jahrtausendelanger religiösen Konventionen in Frage stellt.
Er versucht, ein Korrektiv zum wohl größten Fehlurteil der Menschheitsgeschichte aufzubauen und nachzuvollziehen, wieso sich an einem Irrtum, der einfach zu verhindern gewesen wäre, die Welt gespalten hat.
» 3.11. 2019, Ben Becker – Ich, Judas, Paderhalle, Paderborn