
(Kassel) Mutterschaft als Projektionsfläche, Leihmutterschaft als gesellschaftliches Tabu – und ein Stück, das beides aufgreift. Mit Milch & Schuld bringt das Theater im Fridericianum (TiF) erneut eine Inszenierung auf die Bühne, die tief in den Widersprüchen moderner Reproduktionsethik gräbt. Die Autorin Sina Ahlers stellt in ihrem Auftragswerk für das Staatstheater Kassel zentrale Fragen an unser Verständnis von Körper, Moral und Rollenbildern. Regisseurin Sarah Franke entfaltet daraus ein intensives Szenario zwischen Realismus und Performance – sensibel, mehrstimmig und hochaktuell.
Ein Körper, ein Kind, ein Vertrag – und die Frage nach dem moralischen Gleichgewicht im TiF
Milch & Schuld, ein Auftragswerk des Schauspiels des Staatstheaters Kassel, feierte im Dezember 2024 unter der Regie von Sarah Franke Uraufführung und wird nun erneut im TiF aufgeführt. Grund genug, einen präzisen Blick auf das Stück, seine vielschichtige Inszenierung und die gesellschaftliche Relevanz zu werfen. Denn: Dieses Werk beleuchtet mehr als nur individuelle Geschichten – es fragt nach der Substanz gesellschaftlicher Normen und hinterfragt die moralischen Linien in einem System, das Mutterschaft oft romantisiert, aber selten absichert.
»Milch & Schuld«, ein Auftragswerk des Schauspiels des Staatstheaters Kassel, feierte im Dezember 2024 unter der Regie von Sarah Franke Uraufführung und wird nun erneut im TiF aufgeführt. Grund genug, einen präzisen Blick auf das Stück, seine vielschichtige Inszenierung und die gesellschaftliche Relevanz zu werfen. Denn: Dieses Werk beleuchtet mehr als nur individuelle Geschichten – es fragt nach der Substanz gesellschaftlicher Normen und hinterfragt die moralischen Linien in einem System, das Mutterschaft oft romantisiert, aber selten absichert.
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Milch & Schuld – ein Schauspiel von Sina Ahlers
Die Geschichte kreist um Zartie – eine junge Frau mit prekären Lebensumständen, die als Leihmutter tätig werden will. Ihr Körper wird zur Ressource. Gegen Bezahlung soll sie ein Kind für Holly austragen, eine Frau, die selbst keine Kinder bekommen kann. Doch die Diagnose eines „Defekts“ beim ungeborenen Kind wirft fundamentale Fragen auf: Wer trägt Verantwortung? Was bedeutet Mutterschaft jenseits der Biologie? Und: Was passiert, wenn Verträge an der Realität zerbrechen?
Die Bühne im TiF zeigt dabei keine realistische Bahnhofskulisse, sondern arbeitet mit Vorhängen, Perspektivwechseln und performativen Ebenen. Regisseurin Sarah Franke nutzt diese Mittel, um die emotionale Vielstimmigkeit zu verstärken: Zwischen der äußeren Realität und den inneren Monologen entsteht ein Raum, in dem verschiedene Versionen von Mutterschaft koexistieren.
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In ihrer Kritik vom 7. Dezember 2024 schreibt Vera John über die Inszenierung:
„Vier Frauen spielen in verschiedenen Rollen in »Milch & Schuld« alle Gefühle, Gedanken, Urteile, Geschehnisse rund um Kinderwunsch, Schwangerschaft, Geburt und Muttersein durch.“ (Quelle: die-deutsche-buehne.de)
Sie beschreibt die Arbeit als „Puzzle mit tausend Teilen, das sich aber nicht zu einem einfachen Bild zusammensetzen lässt.“
Schauspiel Milch & Schuld beleuchtet Dimensionen von Mutterschaft
Der Text von Sina Ahlers ist eine kluge Komposition aus realen Stimmen, performativen Momenten und starken Szenen. Frauen klettern, tanzen, flüstern – sie durchleben den Irrsinn des Alltags mit Babyflasche, Kita-Dialogen und existenziellen Ängsten. Dabei wird klar: Mutterschaft ist kein einheitliches Konzept. Es gibt keine „richtige“ Form. Und schon gar kein einfaches Happy End.
Zentrale Fragen des Stücks lauten:
– Wie lässt sich Mutterschaft definieren, wenn biologische, soziale und emotionale Ebenen auseinanderfallen?
– Wie sieht die „Arbeit“ des weiblichen Körpers aus – vor, während und nach der Geburt?
– Welche Konsequenzen entstehen aus gesellschaftlichen Erwartungshaltungen an Frauenrollen?
– Was passiert, wenn das Wunschkind nicht der Norm entspricht?
Wenn sie dich anlächeln, ist alles gut – bullshit!
Die Taube mit nur einem Bein wird zum Sinnbild der Ausgrenzung – ein Wesen, das „nicht perfekt“ ist, aber dennoch vollständig.
Ahlers integriert auch Stimmen realer Mütter, gesammelt aus Online-Foren. Aus dem Off heißt es:
„Wenn sie dich anlächeln, ist alles gut – bullshit!“
Diese Direktheit sorgt für verstehendes Lachen – und sofort danach für stille Betroffenheit. Denn hier geht es um mehr als einzelne Erfahrungen. Es geht um Strukturen, um Sichtbarkeit und um eine Gesellschaft, die das Thema Leihmutterschaft gern verschweigt.

Körper, Kontraste, Kontroversen im TiF
Die Regie von Sarah Franke arbeitet bewusst mit Kontrasten. Jede Figur wird doppelt besetzt – eine Schauspielerin für die äußere Erscheinung, eine zweite für den inneren Dialog. Dadurch entstehen spannende Reibungen: Die Figur Holly erscheint einerseits als selbstbestimmt, andererseits zutiefst verunsichert. Und Zartie schwankt zwischen Kontrolle und Kontrollverlust, Nähe und Rückzug.
Auch symbolisch arbeitet Franke mit großer Kraft. So wird selbst die Taube von zwei Darstellerinnen verkörpert – ein Perspektivwechsel, der berührt und herausfordert.
Wie Vera John schreibt: „Die Schauspielerinnen spielen intensiv, mit ihrem ganzen Körper. Sie kommen nah ans Publikum heran und wirken perfekt aufeinander eingespielt.“ (Quelle: die-deutsche-buehne.de)
FAQs zu Milch & Schuld
- Was macht das Stück so besonders?
Die Kombination aus dokumentarischen Textfragmenten, poetischen Bildern und präziser Körperarbeit ermöglicht eine dichte, emotionale Erzählweise über Mutterschaft und gesellschaftliche Erwartungen. - Für wen ist das Stück geeignet?
Empfohlen ab 16 Jahren richtet sich das Stück an alle, die sich für feministische Themen, soziale Gerechtigkeit und innovative Theaterformen interessieren. - Warum wird Milch & Schuld wieder aufgeführt?
Die positive Resonanz, das komplexe Thema und die intensive Inszenierung führten dazu, dass Milch & Schuld erneut im Theater im Fridericianum gespielt wird – als wichtige Stimme im gesellschaftlichen Diskurs. - Welche Rolle spielt die Taube im Stück?
Die Taube ist Symbol und Metapher zugleich – sie steht für das „abweichende Kind“, aber auch für Hoffnung, Fragilität und Perspektivwechsel. - Ist Leihmutterschaft das zentrale Thema?
Es ist ein zentrales Motiv, doch das Stück thematisiert umfassender die Frage nach Wert, Rolle und Sichtbarkeit von Mutterschaft in unserer Gesellschaft.
Was zeichnet das Staatstheater Kassel besonders aus?
- Es verbindet langfristige Theatertradition mit einem breiten Spektrum an künstlerischen Feldern: Von klassischer Oper über Schauspiel bis hin zu zeitgenössischem Tanz und Jugendtheater.
- Der Standort und die Architektur tragen zur Bedeutung in der Stadt bei: Das Theater am Friedrichsplatz bildet einen sichtbaren Kultur‑Ankerpunkt in Kassel.
- Die Institution versteht sich nicht nur als Bühne für Aufführungen, sondern auch als Ort der gesellschaftlichen Begegnung und kulturellen Identifikation – ein wichtiges Moment für Kooperationen, die über das klassische Publikum hinaus wirken.
- Neuere Entwicklungen zeigen, dass das Haus auch offen für Wandel und Experiment ist: So etwa mit dem Auslagerungsort „INTERIM“, der neuen Spielstätte in der Nachbarschaft.
Nützliche Links zum Thema
- Staatstheater Kassel – Milch & Schuld – Offizielle Webseite mit Terminen, Infos und Kartenverkauf zur aktuellen Spielzeit.
- Kritik von Vera John auf die-deutsche-buehne.de – Fundierte Besprechung der Uraufführung mit vielen Details zur Inszenierung.
- Mehr zu Regisseurin Sarah Franke auf Wikipedia
- Weitere Artikel zum Thema Staatstheater Kassel auf Wildwechsel.de
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»Milch & Schuld (UA)«
20:15 Uhr | Theater in Kassel, tif - Theater im Fridericianum
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20:15 Uhr | Theater in Kassel, tif - Theater im Fridericianum
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