Crowdfunding macht’s möglich: am 24.4. erscheint das zweite Album der Band Cryptex. The Madeleine Effect wurde durch Spenden der Fans möglich gemacht, die sich dafür verschiedene Dankeschöns sichern konnten.
Natürlich wird so ein Album auch ordentlich gefeiert, nämlich mit einer Tour. Die Progressive-Folk-Band präsentiert die neuen Stücke, die sich alle ganz im Sinne des Titels um Sinneseindrücke drehen, am 27.4. im Kasseler Theaterstübchen und am 30.4. im Crown Lauterbach.
Den Madeleine-Effekt beschrieb Marcel Proust in seinem Roman “Auf der Suche nach der verlorenen Zeit”: wie der Geschmack des eingetauchten Gebäcks (Madeleines) in Tee eine Kindheitserinnerung wecken kann. Proust beschreibt darin “unwillkürliche Erinnerungen”, der beschriebene Geschmack lässt dein Ort seiner Kindheit in seinem Gedächtnis wiederauferstehen.
Das Kasseler Bandmitglied Marc stand dem Wildwechsel für einige Fragen zur Verfügung und erzählt über Kassel, seine Musik und natürlich das Album.
» 27.4., Cryptex, The Madeleine Effect, Theaterstübchen Kassel
» 30.4., Cryptex, The Madelein Effect, Crown, Lauterbach
» [ Cryptex im Web ]
Marc (Cryptex) im Ww-Interview:
Werden viele alte Freunde von dir im Kasseler Publikum sein?
Das hoffe ich doch. Ich werde auf jeden Fall nochmal alle meine alten Freunde einladen und hoffen, dass sie auch Zeit haben. Ich bin auch gespannt, ob sich ein paar meiner früheren Gitarrenschüler zu dem Konzert verirren werden – das würde mich auch sehr freuen.
Für mich ist das Theaterstübchen ein ganz besonderer Ort zum spielen, weil ich während meinem Studium im Theaterstübchen als Thekenkraft gearbeitet habe. Von daher zähle ich auch die Belegschaft dort und vor allem Markus Knierim zu meinen Freunden. Ich verbinde generell sehr viele schöne Erinnerungen mit dem Theaterstübchen – der Ort hat etwas magisches, besonders wenn man daran denkt, wieviele großartige Künstler dort schon auf der Bühne gestanden haben. Ich habe da sehr gerne gearbeitet und freue mich darauf als Gast für ein eigenes Konzert mit Cryptex da sein zu dürfen.
Freust du dich darauf oder ist der Druck dann eher größer, eine gute Show abzuliefern?
Die Freude überwiegt die Aufregung – von Druck würde ich nicht sprechen. Natürlich möchte ich besonders in diesen geschichtsträchtigen Mauern eine super Show abliefern, aber wir werden uns ausgiebig auf die Tour vorbereiten, sodass ich mir da keine Gedanken mache und mich ganz dem Freuen widmen kann.
“Wir bedienen uns aus dem großen Farbtopf der Musik”
Hat euch der Erfolg eurer Crowdfunding-Aktion überrascht?
Wenn man sich nochmal vor Augen führt dass wir das Ziel hatten für unsere Musik eine Summe von 10.000€ zu sammeln, in einer Zeit, in der die Wertigkeit von Musik im öffentlichen Bewusstsein immer mehr schwindet, ist die Tatsache dass wir sogar darüber hinaus unterstützt worden sind, phänomenal. Wir haben zwar fest daran geglaubt, aber ein wenig gezweifelt haben wir alle von Zeit zu Zeit während der spannenden Phase des Crowdfundings. Dementsprechend glücklich waren wir dann, als wir, ich glaube eine Woche vor Ende der Aktion, bereits unser Fundingziel erreicht hatten – und dann ging es auch noch weiter – das war unglaublich und schön, so viel Unterstützung zu erhalten.
Der Madeleine-Effekt ist, wenn der Geschmack von eingetunktem Gebäck (Madeleines) eine Erinnerung wachruft (bildlich gesprochen) – wie habt ihr euch ihm auf dem Album genähert?
Im Groben trifft das zu. Es handelt sich beim Madeleine-Effekt um ein Phänomen, das der Schriftsteller Marcel Proust in seinem Werk „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ beschreibt. In der Madeleine-Episode beschreibt Proust, wie ein zum Mund geführter Löffel Tee mit einem kleinen aufgeweichten Stück Madeleine (ein Sandgebäck) ein wahres emotionales Feuerwerk bei ihm auslöst. Sofort fühlt sich Proust zurückversetzt in eine Episode mit seiner Tante in den französischen Ort Combray. Es geht ihm dabei darum, dass man sich der Vergangenheit nicht entziehen kann. Dass nach dem Untergang der Dinge und dem Ableben der Personen diese Vergangenheiten in Geruch und Geschmack immateriell wie irrende Seelen ihr Leben weiterführen, und dass selbst der kleinste Tropfen das unermeßliche Gebäude der Erinnerung in sich trägt.
Musikalisch und textlich widmet sich das Album „Madeleine Effect“ daher der Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie und der Aufarbeitung traumatischer Erlebnisse in diesem Zusammenhang. Es geht darum, wie man plötzlich durch die einfachsten und unscheinbarsten Dinge an längst vergessen geglaubte Episoden im eigenen Leben erinnert wird, was einen sehr bedrücken und belasten oder stärken und beflügeln kann. „Madeleine Effect“ soll bei seinen Hörern genau dies bewirken, dass Empfindungen und Assoziationen wachgerufen werden, die womöglich längst in Vergessenheit geraten sind. Empfindungen von Liebe, Hoffnung, Wärme und Behütetsein, aber auch von Schmerz, Trauer und Verlassensein.
Ein bißchen Folk und ganz viel Experiment – beschreibt das eure Musik?
Unsere Musik bezeichnen wir selbst als progressive Folk-Rock. Ich denke, man kann mit dem neuen Album „Madeleine Effect“ besonders das progressive unserer Musik hervorheben, was im Prinzip eine unkonventionelle und experimentierfreudige Herangehensweise an Musik beschreibt. Wir denken bei Musik nicht in Grenzen und verschmelzen dadurch, dass wir uns auch privat mit Musik aus unterschiedlichen Genres beschäftigen, verschiedene stilistische Merkmale miteinander. Wir bedienen uns also aus dem großen Farbtopf der Musik, suchen uns unsere Lieblingsfarben aus und malen unser eigenes Bild.