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(Warburg) Am Sonntag, dem 9. November, findet um 17.30 Uhr am jüdischen Friedhof in Warburg eine Mahnwache anlässlich des 87. Jahrestags der Novemberpogrome von 1938 statt. Veranstalterin ist die Erd-Charta-Initiative Warburg.

Erinnerung an die jüdische Bevölkerung in Warburg zur Zeit des Nationalsozialismus

Die Mahnwache soll an die jüdischen Bürgerinnen und Bürger erinnern, die während des Nationalsozialismus in Warburg entrechtet, enteignet, deportiert und ermordet wurden. Sie ist als öffentliche Gedenkveranstaltung konzipiert, die allen Interessierten offensteht. Ziel ist es, ein Zeichen gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit in Deutschland zu setzen.

Die Veranstaltung beginnt am Eingang des jüdischen Friedhofs, der sich am Emil-Herz-Platz befindet. Die Dauer ist mit etwa einer Stunde angegeben. Teilnehmerinnen und Teilnehmer können weiße Kerzen mitbringen oder vor Ort erhalten. Diese werden aufgestellt. Auch im Laufe des Tages ist es möglich, Kerzen zu hinterlassen.

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Einordnung durch die Veranstalter

Valeria Geritzen, Koordinatorin der Erd-Charta-Initiative Warburg, weist auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen hin. Sie sagt: „Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit zeigt sich wieder verstärkt in Deutschland.“ Die Mahnwache solle „ein Zeichen setzen der Orientierung – dass jeder und jede sich mit Haltung aktiv gegen diese Entwicklung stellen kann.“

Weitere Gedenkveranstaltung durch das Marianum

Am Montag, dem 10. November, organisiert das Gymnasium Marianum um 10.30 Uhr eine eigene Gedenkveranstaltung am jüdischen Friedhof. Diese ist ebenfalls öffentlich zugänglich.

Emil-Herz-Platz als Veranstaltungsort

Der Mahnwachen-Ort ist nach dem Verleger Emil Herz benannt, der 1879 in Warburg geboren wurde. Herz war als Lektor und später als Geschäftsführer beim S. Fischer Verlag tätig. 1936 emigrierte er aufgrund der politischen Lage zunächst in die Schweiz, dann in die Vereinigten Staaten. Er starb 1948 in New York. Der Platz am jüdischen Friedhof trägt seinen Namen in Erinnerung an seine Herkunft und seine berufliche Laufbahn.

Jüdisches Leben in Warburg – historische Übersicht

Die jüdische Gemeinde in Warburg zählt zu den ältesten im heutigen Nordrhein-Westfalen. Erste urkundliche Hinweise auf jüdische Bewohner stammen aus dem 14. Jahrhundert. In der Folgezeit war jüdisches Leben durch Phasen der Duldung, Diskriminierung und Integration geprägt. Im 17. und 18. Jahrhundert kam es zur Bildung fester Gemeinde­strukturen. Die jüdische Bevölkerung war in Warburg in vielen Bereichen aktiv, unter anderem im Handel, in Handwerksbetrieben sowie im religiösen und kulturellen Leben.

Im 19. Jahrhundert stieg die Zahl jüdischer Einwohner zeitweise auf über 300 Personen. Die Gemeinde verfügte über eine Synagoge, eine Schule, ein rituelles Bad und den bis heute bestehenden jüdischen Friedhof. Jüdische Familien waren fester Bestandteil der städtischen Gesellschaft und trugen zur wirtschaftlichen Entwicklung der Region bei. Auch einzelne Persönlichkeiten aus Warburg gewannen überregionale Bedeutung, etwa im Verlagswesen, der Medizin oder dem Bildungswesen.

Vor der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten gab es noch 160 Juden in der Kernstadt Warburg, bei 6.814 Einwohnern insgesamt. Ab 1933 veränderte sich die Situation jedoch grundlegend. Die jüdische Bevölkerung Warburgs war zunehmend Repressionen, Berufsverboten und Ausschluss aus dem öffentlichen Leben ausgesetzt. Viele versuchten, auszuwandern, was jedoch nicht allen gelang. Die systematische Enteignung und Verdrängung gipfelte in Deportationen in Konzentrationslager. Die Gemeinde wurde zwischen 1933 und 1942 nahezu vollständig ausgelöscht. Nur wenige kehrten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zurück.

Heute erinnern unter anderem der jüdische Friedhof, einzelne Stolpersteine im Stadtgebiet und Archivbestände an die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Warburg. Auch durch Veranstaltungen wie die Mahnwache wird diese Erinnerung bewusst im öffentlichen Raum verankert.

Der jüdische Friedhof, auf dem die Mahnwache stattfindet, ist eines der erhaltenen Zeugnisse dieser Gemeinde. Er dokumentiert über Grabsteine und die Topografie die Geschichte jüdischen Lebens in der Region. Mehr zum Thema „Jüdischen Leben in Warburg“

Fragen zur Mahnwache in Warburg – FAQs
  • Wann findet die Mahnwache statt?
    Sonntag, 9. November, 17.30 Uhr am jüdischen Friedhof, Emil-Herz-Platz.
  • Wer kann teilnehmen?
    Die Veranstaltung ist öffentlich und offen für alle.
  • Was ist mitzubringen?
    Weiße Kerzen können mitgebracht oder vor Ort entgegengenommen werden.
  • Was ist das Ziel der Mahnwache?
    Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in Warburg und ein öffentliches Zeichen gegen Antisemitismus und Diskriminierung.
  • Gibt es weitere Veranstaltungen?
    Am 10. November um 10.30 Uhr findet eine Gedenkstunde des Gymnasiums Marianum am selben Ort statt.

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Von Wildwechsel

Online-Redaktion des Printmagazin Wildwechsel. Wildwechsel erscheint seit 1986 (Ausgabe Kassel/Marburg seit 1994). Seit 2021 erscheint Wildwechsel ausschließlich online. Laut Auswertung hat sich dadurch die Zahl der Leser noch mal deutlich gesteigert.

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