Ww-History

Die "erste" Ausgabe. Davor erschien bereits die "0-Nummer"
Die „erste“ Ausgabe. Davor erschien bereits die „0-Nummer“

Kinder, wie die Zeit vergeht! Mehr als dreiJahrzehnte gibt es den Ww nun schon: Monat für Monat aktuelle Informationen aus der Region!Was als improvisiertes Heftchen mit kleiner Auflage begann, gibt es heute in 2 Ausgaben mit einer Gesamtauflage von ca. 27.000 Exemplare

Anno 1985 machte sich in Hofgeismar ein kleines Grüppchen um „Ww-Erfinder“ Matthias Hottenträger (zuletzt Chef der Szenekneipe Pfeffermintz in Warburg), Reporter und Cartoonist Albert Völkl (inzwischen ein angesehener Künstler), Fotograf Michael Beerlage (heute Krankenpfleger in Hamburg) und Plattenkritiker Fedor Waldschmidt (inzwischen Ww-Chef) daran, die langgehegten Träume von einer jungen, frechen, informativen Zeitung der Region in die Tat umzusetzen.

Nicht zu vergessen Praktikantin Sibylle Hüser (inzwischen hauptberuflich Mutter, nebenberuflich begeisterte Zeichnerin), die „gute Seele“ des Projekts, die als Sekretärin, Korrekturleserin, Layouterin und Fotomodell immer dort einsprang, wo jemand fehlte. Erstes Treffen war in Hottenträgers damaligem Lokal, dem legendären »Café Neue Welt« am Töpfermarkt in Hofgeismar. Mit riesengroßem Enthusiasmus stürzte man sich darauf, das kulturelle Leben in der vielgeschmähten „Provinz“ zu dokumentieren und zu beleben.

Nach vielen Gesprächen über Form und Inhalt war es im Sommer 1986 dann soweit: Die Nullnummer des Regionalmagazins mit dem leicht ironischen Namen »Wildwechsel« erschien. Auf dem Titelbild war ein Provinz-Tarzan zu sehen, der sich durch den Tierpark Sababurg schwang. Der Terminkalender enthielt allerdings mehr weiße Flecken als Veranstaltungen, das Layout roch stark nach Schülerzeitung, der Schreibstil war unbeholfen, Werbung war kaum zu finden.

Aber: Die Begeisterung der Beteiligten war deutlich zu spüren – und schnell zeigte sich, daß ein Bedarf für eine solche Zeitschrift vorhanden war. Zwei Monate später gab es deshalb die erste reguläre Nummer, und von nun an fand man in Kneipen, Kinos, Discotheken und Geschäften Monat für Monat den Ww – wenn man Glück hatte und er nicht schon vergriffen war! Denn die Leserschaft wuchs rasch, und der Ansturm war groß. Ein wichtiger Identifikationspunkt für viele Leserinnen und Leser wurde schnell die Kleinanzeigenrubrik. Vor allem die Rubrik »Gruß & Kuß« wurde von vielen als Kommunikationsmittel genutzt.

Fedor Waldschmidt 1986 beim Wildwechsel(n)
Fedor Waldschmidt 1986 beim Wildwechsel(n)

Von Anfang an war klar: Kosten sollte der Ww nichts – deshalb mußten Werbekunden gefunden werden, um die Finanzierung zu garantieren. Gegen die Übermacht der großen Städte in den Medien bewies der Ww, daß auch „auf dem flachen Lande“ viele kleine Pflänzchen blühen, die Beachtung verdienen. Das Team war selbst überrascht, wie viele Aktive und Kreative sich in den kleinen „Käffern“ verstecken, wo sich doch angeblich nur Fuchs und Hase „Gute Nacht“ sagen.

Anfang 1987 fiel die Entscheidung, den Ww nicht mehr als reizvolles Hobby zu betreiben, sondern ihn zu einem konkurrenzfähigen Produkt am Zeitschriftenmarkt zu machen: Fedor Waldschmidt und Jürgen Koch übernahmen gemeinsam die Leitung des Wildwechsel. Voraussetzung für ein wirklich professionelles Arbeiten war die Recherche der Aktivitäten und ein guter Kontakt zu allen, die die Kulturszene beleben: Stadtverwaltungen, Jugendzentren, gastronomische Betriebe, Kulturvereine, Bands und Theatergruppen.

So wuchs das Ww-Archiv schnell an: Mit drei Aktenordnern hatte man begonnen, inzwischen gibt es Hunderte von Ordnern und Fächern, dazu Tausende Dateien auf Festplatte. Zum Konzept gehörte, dass die Redaktion – auch um möglichst unabhängig zu sein – alle technischen Arbeiten bis auf den Druck selbst durchführen wollte. Wurde anfangs noch fleißig kopiert und geklebt, um Papiervorlagen zu erstellen, schritt die Digitalisierung rasch voran. Inzwischen wird alles per Computer bearbeitet, viele Redakteure arbeiten von zu Hause, die moderneTechnik macht’s möglich.

Lag die Auflage bei der Nullnummer noch bei 3.000, betrug sie zwei Jahre später schon 8.000, inzwischen werden etwa 27.000 Wws (alle Ausgaben zusammen) gedruckt und verteilt. Im ersten Ww-Büro in der Wohnung Hottenträgers in Hombressen gab es keine Heizung und nur einen Schreibtisch.

Also wurde auf dem Fußboden zwischen etlichen Elektroheizlüftern geschrieben und geklebt – Improvisation war Trumpf! Mehrere Umzüge innerhalb der ersten beiden Jahre mit dem gesamten Redaktionsinventar folgten: Von Hombressen nach Hofgeismar, dann weiter nach Grebenstein in die Heimat der neuen Chefs. Nachdem man anfangs auch dort in Privatwohnungen, sogar in Küchen gearbeitet hatte, wurde schließlich in der Udenhäuser Straße in Grebenstein das erste „richtige“ Büro mit Publikumsverkehr eingerichtet.

Doch obwohl der Ww in Westfalen und Kassel viele Anzeigenkunden fand, wurde er von den nordhessichen Kleinstädtern belächelt. Um den Kunden näher zu sein, entschied man sich für einen erneuten Umzug. Da der Ww weiter ein „Magazin der Region“ bleiben und kein Stadtblatt werden wollte, fiel die Wahl auf die alte Hansestadt Warburg: Seit 1992 ist der Firmensitz dort in der Sternstraße 40, und der Standort hat sich bewährt. Schon eine Stunde nach Installation des Telefons meldete sich der erste Anzeigenkunde, seither nutzt die als „katholisch-konservativ“ verschriene Warburger Geschäftswelt den Ww äußerst erfolgreich als Medium.

Im neuen Stammsitz gönnte sich der Wildwechsel dann auch zwei „hauptamtliche“ Kräfte: Die Bürokauffrau Uschi Koch, die schnellste Zehnfinger-Tipperin aus Ostwestfalen-Lippe, und den Redakteur Lothar Jahn, seit 1995 übrigens mit einem Doktorhut der Musikwissenschaft ausgestattet. Doch der Ww könnte nicht so aktuell sein ohne die vielen freien Mitarbeiter, die ihn aus vielen Orten des Erscheinungsgebiets mit aktuellen News versorgen. Einige haben sich darüber hinaus auf Fachthemen spezialisiert: Hier müssen vor allem Kino- und Trend-Spezialistin Steffi Hartmann, Kulturredakteurin Sabine Scheffer und Korrekturleserin und Charts-Ermittlerin Sabine Heikenfeld („der wandelnde Duden“) erwähnt werden. Eine wichtige Rolle spielen aber auch die vielen Praktikanten, die das Ww-Team mit vieler notwendiger Zuarbeit unterstützten. Für einige von ihnen wurde der Ww Startpunkt einer beruflichen Karriere im Bereich Werbung oder Presse.

Ende 1993 meldeten sich 2 interessierte Kreative aus Schwalmstadt: Ralf Urban und Klaus Hoffmann waren vom Konzept des Ww so angetan, daß sie in Zusammenarbeit eine Südausgabe zwischen Kassel und Marburg produzieren wollten. Die Gestaltungsweise und die Aufteilung des Heftes entsprachen dem Original-Ww, die Themen kamen überwiegend aus der Region. Doch nur ein Dreivierteljahr konnte sich das Büro in Schwalmstadt halten, dann hatten sich die drei untereinander derartig zerstritten, dass ein gemeinsames Arbeiten nicht mehr möglich war. Seither wird auch die Südausgabe von Warburg aus gefertigt – das geht allerdings nur aufgrund der guten Drähte zu einem inzwischen bewährten Team von freien Mitarbeitern im „Süden“, allen voran der unermüdliche Redakteur Heiko Schwalm.

Natürlich ist der Ww von heute nicht mehr der selbe wie 1986 – doch wenn auch die optische Aufmachung und redaktionelle Gestaltung stark an Professionalität gewonnen haben, die Ziele sind die selben geblieben: ein Magazin zu machen, dass die vorhandenen Interessen und Informationsbedürfnisse der Leserschaft so weit wie möglich berücksichtigt. Erfreulich dabei ist, dass die jungen Lesergruppen vom Teeny-Alter aufwärts nach wie vor den Ww als ihr Medium begreifen, dass aber die Generation, die mit dem Ww aufgewachsen ist, sich nicht abgewendet hat. Da beim Ww inzwischen Redakteure um die 40 mit deutlich jüngeren Leuten im Team zusammen arbeiten, gibt es immer wieder auch einen Dialog der Generationen, der sich in den Inhalten niederschlägt. Offensichtlich gelingt es auf diese Weise, für unterschiedliche Zielgruppen interessant zu bleiben. Dabei hilft auch die kreative Kritik der Leserschaft, die den Machern immer willkommen ist.

Über die Zeitungsarbeit hinaus engagiert sich der Ww für die regionale Kultur: In der Reihe »Wildwechsel präsentiert« werden herausragende Veranstaltungen unterstützt – vom kulturell wichtigen »Open Flair Festival« über Super-Konzerte wie GREEN DAY bis hin zu ekstatischen Parties und herausragenden Konzerten interessanter New-Comer-Bands! Und erstmalig erschien 1996 ein Sampler, der interessante Musiker aus der Region vorstellt:

Nach diversen kleineren Bandwettbewerben rief der Wildwechsel 2009 zum »Battle Of The Bands«, einem Band-Battle, der die regionale Musikszene nachhaltig fördern soll. Als Austragungsort hierfür wurde das Outback in Bad Arolsen gewählt. Eine im Jahr 2008 eröffnete Konzertlocation, die besonders mit brillianter Soundtechnik besticht und die talentierten Bands aus der Region noch besser klingen lässt. Provitiert wurde dabei besonders auch durch das Know How von Olaf Menne von Lautstrom Booking, der als regionaler Veranstalter das »Rock gegen Regen«-Festival ausrichtet und das Battle of the Bands zusammen mit Wildwechsel organisierte.

Ein weiteres wichtiges Ziel des Wildwechsel ist es, die Kommunikation zwischen den Aktiven zu fördern: zwischen regionalen Veranstaltern und Bands, Beschallungsfirmen und Kulturinitiativen, DJs und Partymachern… Als der Ww begann, wußten diese oft nichts voneinander. Der Ww bemüht sich Monat für Monat, daß dieses Netzwerk sich weiterentwickelt, auch über die Ländergrenzen von Nordrhein-Westfalen, Hessen und Niedersachsen hinweg. So war der Einstieg ins Internet nur folgerichtig: Über die Vertiefung der im Wildwechsel angesprochenen Themen hinaus soll über die Kommunikationsmöglichkeiten von WorldWideWeb und E-Mail dieser Vernetzungsprozeß weiter vorangetrieben werden.

Aus diesem Grund (der Kommunikation zu Veranstaltern und natürlich auch zum Leser) spielte Wildwechsel schon länger mit dem Gedanken eine eigene Community zu betreiben. Ende 2007 stieß bei Recherchen schließlich die bundesweit aktive Plattform Doolao.net ins Auge. Parallelen zum Wildwechsel fielen hier auf: Doolao wurde von zwei Schülern gegründet und wandelte sich schließlich vom etwas besseren Chat aus der Region Warendorf zum bunten Portal, das sowohl regionalen Charakter hat, als auch durch überregionale Themen verbindet. Wildwechsel war begeistert, vom bunten, eigenständigen Doolao und betreibt die Community für die Region OWL & Nordhessen seit Januar 2009 als Franchisenehmer.

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