
Manfred Prescher: Dauernd passiert was – Subraumanomalien – Fundamentalteilchen 8/408: Das allerletzte Risotto feat. Prince | (c) jefersonurias auf Pixabay
Frauen sind besser in vielem.
Vielleicht sogar in fast allem. Auf jeden Fall, das ist zumindest meine Erfahrung, sind sie besser darin, für lange Zeit einen Groll auf ihrer Festplatte zu speichern und am Leben zu erhalten.
Als ich anno 1987 zum ersten Mal Prince mit seinem Song »Forever In My Life« hörte, dachte ich, dass er recht haben könnte: „Für jeden kommt der Moment, wo er erkennt, dass es Zeit ist, mit den Spielereien aufzuhören.“ Aber damals machte ich noch so viel Mist, den sich die jeweilige Partnerin dann auch ewig lange merkte. Was zu Verwerfungen, Überwerfungen und Werfungen von Teekannen führte.
Denn wer, wie ich, nicht hören wollte oder konnte, der musste zwangsläufig fühlen. Es ist allerdings schade um das schöne Colani-Teegeschirr. Das ist heute durchaus ein paar Euronen wert, so als veritabler Design-Klassiker.
Aber wenigstens bekam ich auf diese eindrückliche Weise doch mit, dass irgendwas faul war im »Private Idaho«. Es bekümmert mich seither, dass nur das Negative in einer derartigen Hartnäckigkeit erhalten bleibt und sich bestens konserviert für noch schlechtere Zeiten lagern lässt.
So ähnlich dachte ich noch nach jedem Ende einer bedeutenden Beziehung.
So ähnlich dachte ich noch nach jedem Ende einer bedeutenden Beziehung. Mein Bruder widersprach mir freilich schon damals vehement, in dem er zuerst das Prince-Album vom Plattenspieler nahm und achtlos hochkant vor die Hülle der Doppel-LP stellte, zweitens dann die Smiths auflegte, die Nadel bei „Stop Me If You Think That You‘ve Heard This One Before“ aufsetzte und drittens anfing auf mich einzureden:
„Woher willst Du wissen, dass sie das Positive vergessen hat? Nur, weil sie gerade mit Dir nicht drüber reden will?“
„Eben: Sie will nicht mit mir drüber reden!“
„Warum sollte sie? Damit Du Dich besser fühlst? Und Du weniger nachdenken musst, was Du vielleicht anders machen solltest?“
Damit nahm er mir den Wind aus den Segeln, was natürlich nicht dazu führte, dass sich ohne Umschweif mein Denken grundsätzlich änderte. Allerdings musste ich wieder über »Los« ziehen und losziehen. Aber das war zu erwarten, denn ich habe in Gefühlsdingen einfach nicht die schnellste Hardware am Laufen.
Ohnehin wusste ich damals nicht viel, außer vielleicht, dass ich Prince »geil« finde und gern Dostojewski lese. Das mag dicke für ein Leben in Isolation reichen. Ich meine, mit »Sign O‘ The Times« und »Der Idiot« kann man im inneren Exil eine Zeit lang viel Kurzweil und Anregung haben. Mit Musik und Literatur geht vieles besser. „Give me Shakespeare instead of long French kisses“ heißt es schließlich schon bei Sailor.
Was ich über das Heiraten wusste, war auch nicht so viel…
Was ich über das Heiraten wusste, war auch nicht so viel – außer vielleicht, dass ich die Ehe, zumindest in der Art, wie sie meine Eltern führten, so hasste, dass ich sie um keinen Preis der Welt leben wollte. Bei aller Unterschiedlichkeit muss ich hier gestehen, dass mein Bruder und ich wenigstens in diesem Punkt immer einer Meinung waren und es bis heute sind.
Ich kannte damals auch den weisen Satz des großen Kinky Friedman nicht, denn er war noch gar nicht geschrieben. Allerdings stimmt er, soweit ich das bislang verifizieren konnte: „Man heiratet nie die Frau, mit der man das erste Mal ‚Casablanca‘ sieht“.
Jeder kann das für sich ergänzen: Die, mit der man zum ersten Mal ein Nick--Cave--Konzert besucht, das erste Mal am Alpsee entlangwandert, das erste Mal bei einem französischen Film einschläft, sich bei »50 Shades Of Shades« schneeköniglich amüsiert, vor dem ersten Date beim Tanzen bewundert oder von der man – wie in »Irgendwann, Irgendwo« von Reinhard Mey – nicht mehr erkannt wird, so völlig ohne Parapluie: „Und dann sehe ich sie vor mir stehn/Doch der Himmel war zu blau und licht/Ohne Schirm erkannte sie mich nicht/Und sie wartete auf irgendwen.“
Man mag es nicht für möglich halten, es gibt tatsächlich ein paar Beispiele dauerhafter Beziehungsfunktionalität.
Also glaube ich an die Ehe – und ich beobachte aus sicherer Entfernung Paare, bei denen diese Art der Beziehung funktioniert: Die beiden Redakteurinnen der HipHop-Sendung sind zum Beispiel schon sehr lange glücklich liiert. Genauso der Psychologe und die Journalistin, die Lehrerin und der Architekt, der dicke Hoss und die Küche von Hop Sing.
Beziehungen müssen nicht zwangsläufig so enden wie bei mir – außer bei mir natürlich: Ich erinnere mich immer noch an das letzte Abendmahl. Es war ein selbstgemachtes Risotto, das bestimmt lecker war. Nur bin ich vorher weggefahren, abgehauen oder wie immer man das nennen mag. Ich saß im Zug, hörte Prince und überlegte, welches Buch ich ihr als Lektüre vorschlagen könnte. Denn bis dato hatte ich gelesen, was sie mir mit liebevollem Approach hingereicht hatte.
Aber mich selbst zurückgehalten. Warum? Weil ich vorher immer wieder die Erfahrung gemacht hatte, dass ich die Partnerinnen mit meinem »Kram« zuschüttete und so die Luft zum Atmen nahm. Das war eigentlich immer so, »forever in my life«, sozusagen. „Umgekehrt is‘ auch Scheiße“, wusste schon Adolf Tegtmeier selig. Würde ich ihr heute einen Roman vorschlagen, dann wohl Dostojewskis »Der Idiot«. Aber womöglich kennte sie das Buch schon. Zumindest kennte sie wohl mich zur Genüge.
…unberechenbar, aber zuverlässig.
Aber ich scheine doch lernfähig zu sein: Von »unberechenbar, aber zuverlässig« – wie es die ehemals beste Liebespartnerin von allen mal bezeichnete hin zu irgendwas, was noch in der Schwebe ist. Und solange diese Schwebebahn unterwegs ist, wird es mit der Ehe und mir erstmal nichts. Was aber nicht heißt, dass es gänzlich ausgeschlossen ist, dass ich noch einmal heirate.
Die Planung läuft nicht auf Hochtouren, denn ich habe ja Zeit: Aktuell sieht es so aus, dass ich vor den Friedensrichter treten werde, wenn ich Frieden mit meinem Lernprozess geschlossen, sprich ihn weitgehend abgeschlossen habe.
Man lernt zwar bekanntlich nie aus, aber man kann auf dem Weg zu Weisheit, Erkenntnis, Herzens- und Verstandesbildung doch zumindest den achten Dan-Grad Hachidan erreichen. Das wäre dann die Ebene, die sich Meister Yoda oder der »Drunken Master« Wong Fei Hung erst im hohen Alter erarbeitet haben. Ob sie dann vor den Trauschrein traten, ist freilich nicht überliefert.
Meine Berechnungen in puncto Lerngeschwindigkeit nach untenstehender Formel

Formel der Lerngeschwindigkeit (c) Manfred Prescher
ergaben, dass ich im Alter von 80,102 Jahren heiraten werde. Das wäre dann am 17. August 2041. Natürlich floss ein Faktor für Unabwägbarkeiten wie Krankheit oder Unabkömmlichkeit der möglichen Ehepartnerin in die Berechnung mit ein. Was ich nicht in die Formel gepresst habe, ist der Faktor »†«. Denn der verkürzt die Wahrscheinlichkeit, den Bund fürs Restleben zu schließen doch ganz erheblich.
Was dann natürlich dazu führen würde, dass die Rechnerei ins dramatisch Ausweglose abdriften könnte. Getreu dem Motto: „So genau will ich das dann doch nicht wissen.“ Ich habe daher die mathematischen Arbeiten am Lebensgebäude im oben skizzierten Zustand belassen, mich mit dem Ergebnis „80, 102 Jahre“ in den Rohbau und in eines der im Laufe der bisher verbrauchten Lehr- und Wanderjahre mühselig fertiggestellten Zimmer zurückgezogen, um ein Nickerchen zu machen.
Aber wie schon so oft, werde ich vom Telefon geweckt als ich gerade eingeschlafen war. Eh ich mich fragen konnte, wer zum Teufel schon so früh die Leitungen hochgezogen und die Baustelle mit der allgemeinen Kommunikationssystematik verbunden hatte, war ich so genervt, dass ich den Hörer erst mal nicht abnahm. Ich fuhr mir stattdessen durch die Bartstoppeln. Dann machte ich mir einen doppelten Espresso, trank ein paar Schlucke im Stehen – und es klingelte immer noch oder schon wieder.
„Hallo?!“, fragte ich mit verschlafener Stimme
„Scheiße, Mampf, schläfst Du noch? Es ist schon nach 11!“
Ich schweige.
„Mampf???“
„Woher weißt Du das?“, frage ich.
„Ich nehme Deinen Morgenespresso wahr. Ich liebe diesen Geruch.“
Eine tolle Lady mit einer piekfein justierten Nase. Egal, wie man es auch betrachtet, Frauen riechen, aktiv und passiv gesehen, einfach besser. Ich frage sie, ob wir zusammen »Casablanca« schauen wollen. Sie antwortet „Mampf, ich glaube, dies ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft“, legt auf, und ich frage mich, was es denn bis jetzt war.
Web-Links zum Text
…bei Youtube:
- Video zum Lied: Forever In My Life von Prince
- Video zum Lied: Bitte keine Lovestory von Udo Lindenberg
- Video zum Lied: Stop Me If You Think You’ve Heard This One Before von The Smiths
- Video zum Lied: Give Me Shakespeare von Sailor
- Video zum Lied: Before All Hell Breaks Loose von Kinky Friedman
- Video zum Lied: Bus Stop von The Hollies
…bei Amazon:
- Amazon Link zum Lied: Forever In My Life von Prince
- Amazon Link zum Lied: Bitte keine Lovestory von Udo Lindenberg
- Amazon Link zum Lied: Stop Me If You Think You’ve Heard This One Before von The Smiths
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- Amazon Link zum Album “Sign O’ The Times” von Prince
Prechers »Fundamentalteilchen« – die Kolumne
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Wir sitzen an einem der dunklen Eichentische in der hintersten Ecke des »A Thousand Miles to Dublin«.
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Manchmal sieht man die Dinge am schärfsten, die gar nicht mehr vorhanden sind. Man hat es einfach als einer Selbstverständlichkeit hingenommen.
- Manfred Prescher: Fundamentalteilchen 8 – Das allerletzte Risotto feat. Prince
„Für jeden kommt der Moment, wo er erkennt, dass es Zeit ist, mit den Spielereien aufzuhören.“ Aber damals machte ich viel Mist.
Preschers »Fundamentalteilchen« – die Youtube Playlist
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