Wenn man nach deutschen Countrymusikern fragt, fallen Namen wie Truck Stop oder Gunter Gabriel, vielleicht noch Boss Hoss. Und wenn man dann weiterfragt, ob es vielleicht eine Frau gäbe, eine in der Tradition einer Emmylou Harris oder Linda Ronstadt, einer Rosanne Cash oder Taylor Swift? Dann kommt zumeist ein schweigendes Schulterzucken. Dabei gibt es sie. Zugegeben, der Name weckt vielleicht nicht auf Anhieb Country-Assoziationen. Aber spätestens, wenn man die junge, zierlich anmutende Frau mit ihrer großen Gitarre auf der Bühne stehen sieht und sie die ersten Akkorde anstimmt, weiß man, Nashville liegt auch an der Lahn.
Denn daher kommt Lisa-Marie Fischer, genauer, aus der alten Universitätsstadt Marburg. Eine Stadt, die nicht unbedingt den Ruf zu verteidigen hätte, ein Mekka der Countrymusik zu sein. Aber wer weiß, vielleicht werden die beiden Begriffe, Country und Marburg, demnächst ebenso zusammenpassen wie Country und Nashville/Tennessee. Ach, Marburg ist ja auch Sitz eines des besten deutschen American Football-Teams, der Mercenaries. Football und Country, Mercenaries und Fischer – das passt doch schon mal wunderbar.
Die inzwischen 23-jährige Sängerin hat letztes Jahr ihr zweites Album „Sugar and Salt“ veröffentlicht Aufgenommen wurde das Album mit, bis auf einen Coversong, selbst komponierten und getexteten Songs im Mekka des Country, in Nashville. Dort hat Lisa-Marie Fischer ihre Karriere gestartet, ausgerechnet dort, wo es von talentierten Countrysängerin wimmelt. Aber offensichtlich hat sie nicht nur das notwendige Selbstbewusstsein, sondern auch das Talent. Denn ihre Clubtour dort war erfolgreich. Als erste deutsche Künstlerin wurde Lisa-Marie Fischer auf das Riverbend Festival in Chattanooga, eingeladen. Mit einer Band bestehend aus Studio- und Tourmusikern aus Nashville gab die junge Marburgerin auf dem renommierten Festival ein erfolgreiches 75 minütiges Konzert. Und einen Fernsehauftritt gab es obendrein.
Nun hat sie sich der sicher nicht einfacheren Aufgabe gewidmet, auch das deutsche Publikum von sich und ihrer Musik zu überzeugen. Mit ihrem Produzenten Mark Evitts tourt sie derzeit in Deutschland und promotet ihr Album. Am Freitag standen sie und Evitts in Vellmar auf der Bühne. Zwei Mikrofone, zwei Gitarren, gelegentlich eine Geige (Mark Evitts) und eine kraftvolle Stimme – das reichte, um die mehr als 150 Besucher in ihren Bann zu ziehen. Mit kurzen Ansagen stellt Lisa-Marie ihre Songs vor, z.B. „Boulder“. Dieser Song, meinte sie, handelt von einem Ort in Colorado, von dem sie so viel gehört hatte. Also schrieb sie ein Lied – bevor sie dort war. Dann kam die Ernüchterung: „So schön ist es dort gar nicht. Aber da war der Song schon fertig.“ Und zumindest der erhielt viel Beifall an diesem Abend in Vellmar.
Zu einem anderen Song, „Lucky Streak“, bemerkte die Sängerin, er handele vom Glück. Einen Tag, nachdem er fertig war, habe sie ein vierblättriges Kleeblatt gefunden. „Und wenn es bei meinen Konzerten immer so voll ist, wie heute hier, hat es mir ja wirklich Glück gebracht.“, meinte sie mit einem Lächeln. Auch wenn es sicher ein Glücksgefühl sein dürfte, vom Publikum so warmherzig und mit viel Zustimmung empfangen zu werden, hinter dem Erfolg steckt viel mehr als Glück. Talent, Können, Selbstvertrauen und mit Sicherheit viel Arbeit – dazu eine starke Stimme und eine sympathische Bühnenpräsenz. Jede Wette, bei denen, die an diesem Abend in Vellmar dabei waren, lautet die Antwort auf die Eingangsfrage nun ohne zu zögern: Lisa-Marie Fischer! Und bei ihrem nächsten Auftritt in Vellmar wird der Saal des Bürgerhauses nicht mehr ausreichen. Von Lisa-Marie Fischer werden wir noch viel hören – hoffentlich!
Autor: Kurt U Heldmann für nordhessen-rundschau.de