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signAuf Party gehen gehört für viele zum Alltag – oder besser gesagt zur Erholung von selbem. Doch wie würde ein Gehörloser eine normale Party erleben? Vielleicht so: In einem recht dunklen Raum mit ein paar zuckenden Lichtern, in einer Ecke bewegen sich Menschen seltsam.

Die gebürtige Brilonerin Michéle Biedendorf hörte bei ihrem Studium in Holland einen Vortrag von Ronald Ligtenberg, der mit seiner Firma Skyway Partys für alle Sinne organisiert. Die damals noch angehende Eventmanagerin besuchte daraufhin eine solche Party und war hin und weg! „Total krass!“, sagt sie, begeistert über ihre Erfahrungen.

Sencity-Partys sind vollkommen anders. Alles ist sehr visuell orientiert, es wird mit Lichtinstallationen und Videoprojektionen gearbeitet, es werden passend zur Musik verschiedene Gerüche in den Raum geleitet oder man erhält, während man auf dem vibrierenden Tanzboden abgeht, ein Eis in die Hand gedrückt. „Das alles hat mich echt umgehauen“, erzählt Michéle von ihrer ersten Sencity-Erfahrung.

Michéle hatte schon in der Schule den Abi-Ball und Stufenfeten organisiert und gelangte über ein Studienpraktikum nach Dublin. Dort lebt und arbeitet sie heute – und hat gerade selbst ihre eigene Sencity-Party organisiert. Sie machte die spannende Erfahrung, in einem Team mit Hörenden und nicht Hörenden in Kontakt zu treten. „Mich hat an der Idee begeistert, dass ich so in Kontakt mit Menschen komme, die ich normalerweise nicht kennen lernen würde.“ Außerdem, fügt sie hinzu, stelle sich irgendwann die Frage, ob sie wirklich behindert oder nur eine kulturelle Minderheit sind.

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Eine Aroma-DJane „legt auf“

Den Umgang mit ihnen war sie davor nicht gewohnt. Es sei ein komischer Wechsel, sagt sie. Normalerweise seien die Hörenden in der Mehrheit. Man lernt etwas Zeichensprache, aber auch Körpersprache besser zu deuten und: „Man lernt sehr viel Respekt zu haben.“

Die Besucher einer Sencity-Party teilen sich etwa zu 50/50 in Hörende und Gehörlose/ Schwerhörige auf. Während es für Hörende oft „nur“ eine interessante Party-Idee ist, ist es für die Gehörlosen und Schwerhörigen das Event. „Die Tauben haben Freunde überall, sie sind eine große Gemeinschaft“, erzählt Michéle. Die Partygäste reisen von weit her an, setzten sich sogar extra in den Flieger.

Michéles erste eigene Sencity-Party fand am 9.2. in Dublin statt. Als Live-Act trat der finnische Rapper Signmark auf, einer der bekanntesten Künstler der Gehörlosenszene. Der gehörlose Signmark alias Marko Vuoriheimo rappt in Gebärdensprache, während Heikki Soini ihm seine Stimme leiht und Kim Eiroma als DJ an den Decks steht. Bei anderen Songs übersetzen Tänzer die Liedtexte in Gebärdensprache. Neben den bereits genannten Food-, Aroma- und Video-Jockeys bot die Party Friseure, Masseure, eine Fotoecke und viel, viel mehr. Mit etwa 900 Personen in der Halle im bis zu 1000 Leute fassenden Saal eine richtig große Sache. Die 23-jährige zieht eine durchweg positive Bilanz.

Sencity-Partys gibt es bereits seit über 10 Jahren. Ronald Ligtenbergs Firma Skyway ist eine Non-Profit-Gesellschaft. Die Partys finden rund um den Globus statt, wie am 6.4. in Sao Paolo und am 25.5. in Rotterdam. Sie werden von Studentengruppen organisiert. „Das ist jeweils eine einmalige Sache“, erzählt uns Michéle. Ob sowas auch hier, beispielsweise in Kassel möglich sei? Klar ist es das. „Es kommt darauf an, wie man es vermarkten möchte.“ Für Taube und Schwerhörige sei es wahrscheinlich schwierig, aber als multisensorische Party auf jeden Fall, denkt Michéle. Die Partys seien ja nur von der Tauben-Kultur inspiriert und eigentlich cool für alle.

Von Maria Blömeke

Ehemaligen Ww-Redakteurin

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