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Singing In The Rain war zwar nicht das Motto, aber die gelebte Realität am Donnerstagabend auf der Freilichtbühne im Marburger Schlosspark.Trotz unsicherer Wetterlage und kaum zweistelligen Temperaturen hatten sich die Veranstalter vom KFZ gegen Verlegung nach drinnen entschieden und statt dessen mit hunderten Sitzauflagen und Regenkapes ausgestattet. 1100 Zuschauer und eine damit fast ausverkaufte Arena bewiesen, dass die a capella Szene ein wetterfestes und treues Publikum beheimatet, das wohl weislich die Nacht der Stimmen besucht, weil dort alljährlich deutsche und internationale Stars und Stimmwunder präsentiert werden.

Peter & The Wolvettes
Peter & The Wolvettes

Den Paukenschlag zur Eröffnung boten Peter & The Wolvettes, Beat Box meets Ladies Trio. Der RTL Supertalent Halbfinalist Pete THE BEAT Wehrmann ist quasi der Altmeister des deutschen Beat Boxings und boxte für die Wolvettes nicht nur alles an Schlagzeug und Geräuschen heraus, sondern übernahm auch gleichzeitig die Basslinien des Gesangs, 60 Minuten Mundakrobatik, die sich auch beim Publikum Respekt und Applaus verdiente. Auf diesem Fundemant sangen und sprangen die drei Damen Stefanie Polster, Jennifer Kothe und Henriette Groth mit Charme und Können durch die Jahrzehnte der Pop- und Vokalgeschichte.

Großzügige Gesten und großartiger Gesang: MAYBEBOP
Großzügige Gesten und großartiger Gesang: MAYBEBOP

Bunt weiter ging es nicht nur in Sachen Kostüme, sondern auch in Hinblick auf farbenreiche Stimmen und facettenreiche Lieder. Seit mehr als einem Jahrzehnt schreibt Oliver Gies als Arrangeur und die Gruppe Maybebop als Akteure nun schon a capella Geschichte und Geschichten. Wie sonst höchstens noch den Wise Guys gelingt es Maybebop, echte State of the Art Gesankskunst zu bieten, die nicht versucht, andere Popmusik zu kopieren oder nachzuahmen, sondern in ihrem Genre wirkliche eigenständige Songs und Arrangements zu schaffen. Dass sie sowas sogar aus dem Stehgreif können, bewies Oliver Gies beim imrovisierten Song mit eingebauten Zuschauerbegriffen, in dem Sauerkraut als der wahre Skandal in der Uli Hoeneß Affaire durch die NSA aufgedeckt wurde.

Viel Witz und Ironie kennzeichnet Maybebop, die pointierten Geschichten der Songs transportierten die vier nicht nur in musikalisch technischer Perfektion, sondern leisteten auch choreografisch und schauspielerisch hohes Können von der Mimik bis zu den Tanzschritten. Bestimmt haben sich viele der selbs in Chören singenden männlichen Zuschauer schnell in die Rollen von Bass und Tenor versetzt gefühlt, als der brilliante Countertenor Markus Jaursch und Maybebops grandioser Bass Sebastian Schröder den selbstreferenziellen parodistischen Rollentausch der Stimmfächer vollzogen.

Zur Interpretation des Gedichtklassikers Erlkönig verwandelte sich Sebastian Schröder kurzer Hand in ein bedrohliches Monster, Markus Jarusch bewältigt mit einer guten Idee und noch besserem Tenörieren einen angeborenen Sprachfehler im spanischen Stil bei „Das kommt mir Ffpanif vor.“ Komplettiert wird Maybebop von Tenor Lukas Teske, der mit seiner angenehmen Popstimme nicht nur manchen romantischen Song abrundet, sondern auch für die perkussiven Akzente in den Arrangements verantwortlich ist. Als Zugabe gab es nach Standing Ovations und langem Applaus den Bebop Klassiker schlechthin: Es tanzt ein Bi-Ba-Butzemann.

Fork (Finnland)
Fork (Finnland)

Fork aus Finnland ist ganz anders. Obwohl mit Fork die vier Zähne einer Gabel und damit die Bandmitglieder Mia Hafrén, Anna Asunta , Jonte Ramsten und Kasper Ramström gemeint sind, fehlt ein wichtiger Zahn im Rädchen. Tontechniker Grégory Maisse ist bei diesem Konzept unverzichtbar. Hier liefern gewollt starke Effekte Sound, die zwar vom Ursprung live und mit der Stimme generiert werden, aber am Ende klingen, wie fette Synthiedrums, verzerrte Gitarren oder mehrstimmigen Orgeln. Fork zelebriert boombastische Pop- und Rockmusik von Coldplays Viva La Vida bis hin zum Highway to Hell. Mit exzessiver Performance und zwei Wildkatzen als Frontfrauen, die teils gewollt düster, teils hell strahlend herüberkamen ,glänzten die Finnen und rissen die Zuschauer trotz des trüben Wetters von den Sesseln und teilweise gar zum tanzen mit.

Mit ihrem Gegenpol im Ansatz zum eher klassischen a capella Stil von Maybebop loten Fork exzellent die modernen Möglichkeiten der Symbiose von Stimme und Technik aus und machten damit das Programm der Nacht der Stimmen zu einem perfekten Ganzen, das alles bot, was die Stimmbänder hergeben.

» 29.5., KFZ Nacht der Stimmen, Schlossparkbühne Marburg
» [www.kfz-marburg.de]

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Von Steffen Dittmar

Musik & Kultur

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